Schiefhals

(Nicht nur) ein Kaninchenproblem

Unser Hacky - bei ihm ist der Torticollis seit Anfang an sichtbar. Er kann deshalb nicht ausgewildert werden und ist jetzt schon seit mehr als zehn Jahren bei uns. Bei uns heißen übrigens so gut wie alle Krähen Hacky, weil sie gerne in Füße, Hände und Beine hacken.

Ein Schiefhals kann viele Urschen haben. Die als Torticollis bezeichnete Fehlstellung des Halses ist keine Krankheit, sondern vielmehr ein Symptom, das bei Mensch und Tier auftreten kann.

Die Ursachen für eine Schiefstellung des Halses können unter anderem folgende sein:

  • Neurologische Schädigungen durch bakterielle Infektionen, Virusinfektionen, Hirntumore, starker Vitamin-B-Mangel, Ohrenerkrankungen, Vergiftungen und Unfälle.
  • Aber auch Verletzungen der oberen Wirbelsäule können zu einem Schiefhals führen,
  • ebenso wie Hautspannung durch Narbenbildung und
  • Sehbeeinträchtigungen z.B. durch Erblindung eines Auges oder fortschreitendem grauen Star.

Sehr häufig tritt der Torticollis bei Kaninchen auf. Dort wird er meist durch den einzelligen, pilzartigen Erreger Encephalitozoon cuniculi, meist E. cuniculi genannt, hervorgerufen. Dieser Erreger befällt vornehmlich das zentrale Nervensystem. Da er sich jedoch über das Blut verbreitet sind andere Organe wie Leber, Niere, Lunge etc. ebenfalls betroffen. Nachkommen infizierter Muttertiere können sich über die Nabelschnur direkt in der Gebärmutter anstecken. Hat sich E. cuniculi im Körper massiv ausgebreitet, wird er auch über Urin und Kot ausgeschieden. E. cuniculi kann auf andere Tiere übertragen werden. Damit sind Säugetiere wie Meerschweinchen, Hamster, Ratten, Hunde und Katzen gefährdet. Ebenso auch Vögel wie z.B. einige der Krähen, die deshalb dauerhaft bei uns leben, denn in freier Natur hätten sie keine Chance.

Aber unter Kaninchen ist E. cuniculi mit Abstand am weitesten verbreitet. Mehr als 80 % aller Tiere tragen den Erreger, doch nur ein Bruchteil dieser Tiere erkranken und zeigen das "Schiefhals-Symptom". Vielfach sind die erkrankten Tiere bereits durch andere Infektionen in ihrer Immunlage geschwächt oder durch äußere Einflüsse aller Art soweit gestresst, dass die Krankheit ausbrechen kann. Sie zeigen dann sehr schnell den typischen Schiefstand des Kopfes. Dieser Schiefhals geht einher mit Orientierungslosigkeit und unsicheren bis unkoordinierten Bewegungsabläufen. Auch dauernde Kreisbewegungen, Lähmungserscheinungen, Apathie, Fressunlust oder Nasenausfluss werden in diesem Zusammenhang oft beobachtet, doch treten sie in aller Regel nicht gleichzeitig auf. Viele Tiere sind nicht mehr in der Lage zu stehen, sie rollen. Zur Vorbeugung ist konsequent auf Stallhygiene zu achten. Wenn die Erreger dort nicht Fuß fassen können, ist viel gewonnen. Eine Impfung ist bisher noch nicht möglich.

Zur Behandlung: Der Erreger kann leider nicht vollständig eliminiert werden. Aber zumindest seine Ausbreitung kann verhindert oder minimiert werden. Das verschafft dem Tier erhebliche Linderung und gibt ihm eine Lebensqualität, die es sonst nicht mehr hätte. Besonders wichtig ist die Verabreichung eines besonders wirksamen Anti-Parasiten-Mittels, so dass die Einzeller im Gehirn absterben. Aber die abgestorbenen Parasiten verbleiben im Gehirn, können nicht abgebaut werden. Ihr Verbleib im Gehirn kann zur Schädigung des neurologischen Gefüges beitragen.

Ist das Kaninchen mit anderen vergesellschaftet, sind alle Tiere entsprechend zu behandeln. Weiterhin zeigt die ergänzende Gabe eines hochdosierten Vitamin-B-Komplexes häufig gute Erfolge. Bei neurologischen Beeinträchtigungen sollten Antibiotika zur Infektionsbekämpfung und auch Cortison zum Abschwellen der geschädigten Gehirnareale gegeben werden.